Nach Anerkennung und Bestätigung streben wir irgendwie doch alle. Eure Kinder machen das überwiegend im Internet. Sie holen sich ihr Selbstbewusstsein größtenteils in sozialen Netzwerken. Ihre Belohnung sind Likes.
Im realen Leben fällt „Fishing for compliments“ oft schwer. Im Netz hingegen ist es deutlich einfacher. Das Feedback folgt unmittelbar nach einem geposteten Foto oder Video. Durch das Drücken des „Gefällt mir“-Buttons der Online-„Freunde“. So mehr Likes – um so größer das gebauchpinselte Ego.
Wie äußert sich die Sucht nach Likes?
Dem gehen Axel und Alex in der neuen Folge des elterngerecht-Podcasts nach. Wir geben Antworten. Auch auf diese Fragen:
Warum sind Likes für Jugendliche eine fast noch wichtigere Währung als der Euro?
Wie ist die Stimmung in Zeiten von Corona gerade im Netz?
Wie überstehen Influencer, die digitalen Vorbilder eurer Kinder, diese Krise?
Ist euer Kind eventuell sogar süchtig nach Social Media?
Hier könnt ihr den Podcast kostenlos hören:
„FOMO“ tendiert wegen Corona gen Null
Weil sich gerade nahezu alle Deutschen aus Schutz vor dem Corona-Virus permanent in den eigenen vier Wänden befinden, verändert sich auch die Dynamik in den sozialen Netzwerken. Es geht mehr ums Kollektiv, wenig um Einzelne.
Und: Aufgrund mangelnder Perspektivwechsel ist es natürlich auch schwerer geworden, das „perfekte Foto“ zu schießen.
Darunter leiden vor allem die sich selbstdarstellenden Influencer auf Instagram (Was ist Instagram?), TikTok (Was ist TikTok?) oder Twitch (Was ist Twitch?). Auch deren Alltag ist aktuell langweilig. Sie können nicht mehr wie gewohnt unterhalten.
Das kostet Likes (deren Anzahl Instagram in Zukunft ohnehin nicht mehr öffentlich anzeigt…) – und Follower. Denn deren „FOMO“ (Fear of missing out, übersetzt: Die Angst, was zu verpassen) tendiert gerade gen Null. Bis auf Corona ist ja nichts los…
Ein Like ist eine Belohnung
Im persönlichen Austausch sprechen Menschen etwa 30 bis 40 Prozent der Zeit über sich selbst.
Online sind es über 80 Prozent!
Für eure Kinder ist es Gewohnheit, sich Aufmerksamkeit und Bestätigung überwiegend im Netz zu holen. Ein Like ist ein wichtiger Bestandteil ihres Belohnungssystems.
Eine Studie der DAK aus dem Jahr 2017 ergab, dass 13 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland unglücklich sind, wenn sie keine sozialen Medien nutzen können.
22% streiten mindestens manchmal mit ihren Eltern über die Nutzung sozialer Medien. Davon sind die 12- bis 13-Jährigen besonders betroffen (32 Prozent).
Jeder dritte Jugendliche nutzt Social Media, um nicht an unangenehme Dinge denken zu müssen. Bei Mädchen sind es sogar 40 Prozent.
Logisch, dass diese Zahlen aktuell noch mehr in die Höhe schießen.
Jeden Tag Silvester
Für ein großes Digital-Unternehmen wie z. B. Facebook (Was ist Facebook?) ist laut eigener Aussage momentan jeden Tag Silvester. Der Traffic auf den eigenen Seiten ist derzeit permanent so groß wie zum Jahreswechsel.
Die Menschen sind eingeschränkt – und haben dadurch mehr Zeit.
Findet ihr, euer Kind hängt gerade zu viel am Handy?
Social Media Sucht-Test für Kinder
Die DAK-Studie hat ergeben, dass 2,6% der 12- bis 17-jährigen Deutschen süchtig nach Social Media sind (3,4 Prozent Mädchen, 1,9 Prozent Jungs).
Um zu testen, ob euer Kind dazu gehört, wurde als „Social Media Disorder Scale“ folgender Fragebogen entwickelt. Wenn euer Kind mindestens fünf dieser neun Fragen mit „JA“ beantwortet, müsst ihr reagieren.
- Hast du während des letzten Jahres regelmäßig festgestellt, dass du an nichts anderes denken kannst, als an den Moment, in dem du wieder soziale Medien nutzen kannst?
- Hast du während des letzten Jahres regelmäßig festgestellt, dass du dich unzufrieden gefühlt hast, weil du eigentlich mehr Zeit in sozialen Medien verbringen wolltest?
- Hast du während des letzten Jahres regelmäßig festgestellt, dass du dich oft schlecht gefühlt hast, wenn du soziale Medien nicht nutzen konntest?
- Hast du im vergangenen Jahr versucht, weniger Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen, bist aber gescheitert?
- Hast du im vergangenen Jahr andere Aktivitäten (z. B. Hobbys, Sport) regelmäßig vernachlässigt, weil du soziale Medien nutzen wolltest?
- Hast du dich im vergangenen Jahr regelmäßig mit Anderen wegen deiner Nutzung von Social Media gestritten?
- Hast du im vergangenen Jahr deine Eltern oder Freunde regelmäßig über die Zeit, die du in sozialen Medien verbringst, angelogen?
- Hast du im vergangenen Jahr Social Media häufig genutzt, um negativen Gefühlen zu entgehen?
- Hast du im vergangenen Jahr wegen deiner Nutzung sozialer Medien ernsthafte Konflikte mit deinen Eltern oder Geschwistern gehabt?
Ihr seid ein Vorbild
Mediziner sagen, es sei ein Problem, dass Eltern ihren Kindern oft keine klaren Regeln zum Umgang mit sozialen Medien mitgeben. Falls ihr es macht oder machen wollt, ist wichtig, dass ihr wisst, dass ihr Vorbilder seid – euch also auch an die Regeln haltet!
Eure Kinder orientieren sich daran, was ihr vorlebt.
Tipps im Umgang mit Social Media für Kinder und Eltern
Abschließend – wie immer bei elterngerecht – gibt es hier ein paar Tipps, wie ihr den Umgang mit Social Media verbessern könnt:
- Jugendliche sollten kein Smartphone mit einer Internet-Flatrate haben
- Für Kinder unter zwölf Jahren sind Smartphones in der Regel nicht empfehlenswert
- Vereinbart handyfreie Zeiten und Zonen
- Tretet als gutes Vorbild auf und beachtet ebenfalls die handyfreien Zeiten und Zonen
- Deaktiviert Push-Benachrichtigungen auf allen mobilen Endgeräten im Haus – und wenn ihr es mal nur für eine gewisse Zeit in der ganzen Familie probiert.