Wenn sich Kinder abends mit einer Tüte Chips in ihr Zimmer verziehen, tauchen Viele in eine andere Welt ein: Twitch. Einer Videoplattform, die bei Teenagern extrem beliebt ist.
Wir erklären Eltern, was Twitch so beliebt macht und wen ihr kennen solltet, um eure Kinder ein bisschen besser zu verstehen.
In unserem Blog-Artikel „Was ist Twitch?“ haben wir euch zum Einstieg schon mal grob skizziert, wie dieses soziale Netzwerk funktioniert. In der neuen Folge des elterngerecht-Podcasts steigen Axel und Alex thematisch nun etwas tiefer ein.
Was macht die Faszination Twitch aus?
Twitch bietet einen starken Fokus auf Livebroadcasting und Computerspiele. Jedes vierte Video dreht sich um Online-Games.
Im Vergleich zu Konkurrent YouTube (Was ist YouTube?), der eher ein Highlight-Kanal mit On-Demand-Inhalten ist, steht hier die Authentizität der Streamer im Mittelpunkt. Da fast alles live ist, sind sie „echt“, können sich also kaum verstellen.
Twitch ist ein soziales Netzwerk, das aus dem Leben geschnitten ist. Das kommt bei den Usern gut an. Vor allem bei Jungs. Der Großteil der Konsumenten ist männlich. Und im Gegensatz zu TikTok (Was ist TikTok?) konzentriert sich Twitch nicht nur auf Jugendliche.
Livestream mit 1,7 Millionen Zuschauern
Um euch einmal die Dimension der Twitch-Reichweite vor Augen zu führen, hier ein Beispiel: Das Computerspiel-Entwicklungsunternehmen „Riot Games“ hat kurz vor Ostern mit seinem neuen Produkt „Valorant“ Premiere gefeiert. Ein Happening, das viele live erleben wollten.
In der Spitze waren 1,7 Millionen User gleichzeitig auf unterschiedlichen Kanälen dabei. In den ersten 24 Stunden nach der Veröffentlichung hat „Valorant“ 34 Millionen (!) Screaming-Stunden hervorgerufen.
Grund dafür waren auch die sogenannten neuen „Twitch Drops“. Dabei handelt es sich um digitale Belohnungen für die Zuschauer der Live-Streams: Wer zuschaut, hat die Chance auf einen solchen „Drop“ – der Zufall entscheidet wann und bei wem.
In dem Fall von „Valorant“ waren das Codes, mit denen man für die Beta-Phase des Spiels freigeschaltet wird. Und wer in der Schule mitreden will, muss natürlich das Spiel gespielt haben, also dafür bei einem Streamer zugeschaut und einen Code erhalten haben.
„FOMO“ auf Twitch ist riesig
Twitch-Streamer sind in der Regel vier bis fünf Stunden live. Das ist eine lange Zeit. Trotzdem schalten nur wenige User mittendrin wieder ab. Denn deren „FOMO“ (Fear of missing out, übersetzt: Die Angst, was zu verpassen) ist – verglichen zum Beispiel mit dem Nutzerverhalten von Jugendlichen auf Instagram – deutlich ausgeprägter.
Wer während des Livestreams auf Toilette geht oder für Getränkenachschub sorgt, läuft Gefahr, plötzlich im Chat nicht mehr mitreden zu können. Das will niemand.
Und damit auch kleine Momente für die Nachwelt festgehalten werden, können Zuschauer bei Twitch sogenannte „Clips“ erstellen, die dann auf dem Kanal des Streamers sichtbar sein können. Und auch hier gilt: Je aufmerksamer man zuschaut, desto eher findet man die lustige Situation, eine Grimasse oder einen Versprecher und macht sich bei der Community beliebt.
Taschengeld für Twitch
Die Inhalte auf Twitch sind kostenlos. Trotzdem haben eure Kinder die Möglichkeit, die „Stars“, die sie digital anhimmeln, finanziell zu unterstützen. Zum Beispiel in Form von Abonnements („Subs“), Geldspenden („Donations“) oder dem Kauf von Merchandising-Produkten.
Es kann also gut sein, dass eure Kids einen Großteil ihres Taschengelds auf Twitch auf den Kopf hauen.
Geldspenden auf dieser Plattform bewegen sich durchschnittlich zwischen 5€ und 30€. Nicht selten fließen aber auch 100€ oder sogar 200€ als Support. Mit nur wenigen Klicks. Das kann sich schnell summieren.
Eine Million Euro an einem Abend bei Twitch!
Klar, viele große Twitch-Streamer nutzen diesen Kanal, um Geld zu verdienen. Schließlich investieren sie ja auch viele Stunden in der Woche, um ihre Follower zu unterhalten. Trotzdem gibt es auch regelmäßig Events, mit denen Geld für den guten Zweck gesammelt wird.
Eines davon stieg am 14. April 2020 ab 18 Uhr und heißt „Friendly Distancing“. An diesem Abend machen die großen Twitch-Stars wie u. a. Gronkh, PietSmiet oder Pandorya gemeinsame Sache, um Spenden für gemeinnützige Organisationen, die sich um die Corona-Hilfe kümmern, zusammenzutrommeln.
So eine ähnliche Aktion gab es zuletzt im Dezember 2019 unter dem eigentlichen Titel dieser Twitch-Reihe: „Friendly Fire“. Damals kamen über eine Million Euro an Spenden zusammen. Diese Summe wird nun sicherlich noch mal getoppt.
„Welche Twitch-Streamer sollte ich kennen?“
Vor allem drei: Jens „Knossi“ Knossalla, Marcel „MontanaBlack“ Eris und Anissa „Anni The Duck“ Baddour.
Dieses deutsche Trio genießt auf Twitch eine riesige Popularität – und damit eine gigantische Reichweite:
1. Knossi
Knossi hat in den letzten Monaten extrem an Beliebtheit gewonnen. Der exzentrische Baden-Württemberger spielt vor allem leidenschaftlich in Online-Casinos. Seine Community liebt ihn für die ehrliche und laute Art. Mit „Alge“ hat er sogar schon eine eigene Party-Hymne veröffentlicht, die nur aus Insidern seiner Streams besteht.
Im Gegensatz zu vielen anderen Streamern, sieht man Knossi aber auch oft in sogenannten IRL-Streams („In Real Life“). Zum Beispiel konnte man ihm mal während eines Mallorca-Trips am Ballermann 3 Stunden live bei allen Erlebnissen zuschauen. Das Video gibt’s immer noch hier bei YouTube zum Anschauen.
Mit Rap-Größe Bushido veranstaltete er 2019 einen Rap-Contest – bei dem zwischenzeitlich 100.000 Menschen gleichzeitig zugesehen haben:
2. MontanaBlack
MontanaBlack ist Deutschlands reichweitenstärkster Twitch-Streamer. Seine Streams sehen circa 3-4 Mal wöchentlich durchschnittlich 30.000 Menschen.
Der Norddeutsche, der sehr stark in Buxtehude verwurzelt ist (hier seht ihr den gemeinsamen Stadtbummel mit Knossi), geht offen mit seiner früheren Drogen- und Spielsucht um – und genießt daher aufgrund seiner ungeschminkten Ehrlichkeit ein großes Ansehen in der Twitch-Community.
Seine Streams drehen sich vor allem um Gaming, Reactions und „Realtalk“. Er zockt also entweder die neuesten Games (oder auch mal alte „Klassiker“), reagiert vor der Kamera auf andere Streamer oder YouTube-Videos oder erzählt seinen Zuschauern Geschichten aus seinem Leben.
Nicht selten werden die Streams nach Live-Ausstrahlung noch mal als Zusammenschnitt bei YouTube hochgeladen und erhalten auch dort weitere Millionen von Klicks – wo MontanaBlack übrigens auch wieder mitverdient:
3. Anni The Duck
Auch Frauen sind auf Twitch schwer angesagt. So wie die Deutsche Anissa alias Anni The Duck aus Aachen. Sie zockt hauptsächlich Computerspiele oder macht Real Talk Videos und unterhält sich mit ihrer Community – die sich dann hauptsächlich in den Kommentaren äußert. Als sogenannte „Cosplayerin“ auch oft verkleidet als Comic-Figur.
Als „Vollzeit-Influencerin“ lädt sie aber (wie die beiden Herren) auch regelmäßig Inhalte auf ihren anderen Social Media Kanälen wie YouTube oder Instagram hoch. Auch Twitter ist sehr beliebt bei Anni.
Hier gibt’s den kostenlosen Podcast zum Thema
Ihr wollt noch mehr über Knossi, MontanaBlack & Co wissen? Dann hört doch gern in unsere aktuelle Podcast-Folge rein: